Ein virtueller Vergnügungspark mit Cartoons, Comics, altem Spielzeug, Genrefilmen und Texten über pixelige Videospiele, und über Verrückte.

Fantasy Filmfest 2010, Tag 5

Little Big Soldier

Einem Soldaten aus Liang (Jackie Chan), der als einziger eine Schlacht überlebt, weil er sich tot gestellt hat, fällt ein gegnerischer General in die Hände. Er beschließt, den Gefangenen dem Herrscher von Liang auszuliefern, um so Freiheit und Wohlstand zu erlangen – doch der Weg ist weit, und die Soldaten des Generals dicht hinter ihnen. Im alten China zur Zeit der sieben Reiche spielende Geschichte, die sowohl als Komödie wie auch als humanistischer und bitterer Antikriegsfilm funktioniert. In der Choreographie der Actionszenen blitzt gelegentlich noch das Genie des alternden Jackie Chan auf.

Djinns / Stranded

(Hinweis: Der Film läuft, entgegen den Angaben im Programmheft, nicht 90, sondern etwa 105 Minuten)

Eine Patrouille im Algerienkrieg soll einen bei einem Flugzeugabsturz in der Wüste verlorengegangenen Koffer mit wichtigem Inhalt wiederbeschaffen. Die Soldaten finden Zuflucht in einem Wüstendorf, in dem die titelgebenden übernatürlichen Wesen sie langsam in den Wahnsinn treiben. Nach spannendem Beginn implodiert der Film bald nach der Ankunft der Patrouille im Dorf, zum einen aufgrund seiner Handlungsarmut, zum anderen weil er die Djinns ohne jeden Sense of Wonder inszeniert.

The Wild Hunt

Eine Live-Action-Rollenspielveranstaltung läuft aus dem Ruder, als ein Außenstehender in die Gemeinschaft der Kostümierten eindringt, um seine Freundin zurückzugewinnen, und so die Grenzen zwischen Spiel und Realität verwischt. In der ersten Hälfte eine Komödie, die ihren Humor aus dem gut getroffenen, peinlichen Getue der Rollenspieler schöpft, wird der Film nach der Halbzeit zu einem knüppelharten, abgründigen Thriller, der seine Geschichte perfekt und ohne jede Gnade gegenüber Figuren oder Zuschauern zu Ende führt. Dass The Wild Hunt eigentlich wenig glaubwürdig ist, weil Liverollenspieler in der Realität meist gänzlich harmlose und umgängliche Spinner sind, verdrängt man dank der exzellenten filmischen Umsetzung problemlos.

Tucker & Dale vs. Evil

Die beiden Freunde Tucker und Dale wollen eigentlich nur ein paar Tage Urlaub in ihrer neu erworbenen Blockhütte machen, als ein Rudel blasierter College Kids auftaucht. Durch eine Verkettung von Missverständnissen glauben die Teenager bald, die eigentlich harmlosen Hillbillies wären psychopatische Kettensägenmörder und erklären den beiden den Krieg. In der Theorie eine Slasher-Variante unter umgekehrten Vorzeichen, die sich aus dem Hinterwäldler-Zitatenschatz seit Texas Chainsaw Massacre bedient, in der Praxis eine brüllend komische Slapstick-Splatterkomödie mit zwei liebenswerten Hauptfiguren.

Ip Man 2

Bald nach den Ereignissen aus dem ersten Teil lässt sich Wing Chun – Meister Ip Man mit seiner Familie in Hongkong nieder und eröffnet eine Kampfsportschule – sehr zum Missfallen der anderen Lehrer der Stadt, allen voran Meister Hung (Sammo Hung). Nostalgie befeuerndes Martial Arts – Fest, das in Punkto Dramatik nicht ganz an den ersten Teil heranreicht; das allerdings ist Mäkeln auf hohem Niveau, der Film ist pralles Entertainment mit großartigen Kampfszenen und einem einmal mehr glänzenden Donnie Yen. Die nationalistischen Untertöne des Vorgängers wurden etwas zurückgeschraubt; waren in Ip Man noch die Japaner die dämonischen Bösen, so wird diese Rolle hier von den britischen Kolonialherren ausgefüllt. Die aber sind, so vermittelt der Film gönnerhaft, wenigstens lernfähig. Offensichtlich nimmt man in Hongkong bei der Besetzung von Weißen immer noch jeden, dessen man habhaft werden kann, die Engländer jedenfalls sind hier allesamt Knallchargen. Auch das immerhin eine liebgewonnene Tradition des Hongkongkinos.

The Human Centipede (First Sequence)

Die Geschichte eines geistesgestörten deutschen Chirurgen, der aus drei zufälligen Opfern einen menschlichen Tausendfüßler erschaffen will. Nachdem The Human Centipede im Internet monatelang umfassende Mundpropaganda genossen hat, die sich im wesentlichen darauf kaprizierte, dass darin Leute mit den Mündern an anderer Leute Arschlöcher genäht werden, dürfte klar sein, dass man nicht zwangsläufig ein Qualitätsprodukt erwarten sollte. Die völlig schwachsinnige Prämisse korrespondiert denn dann auch mit einem Drehbuch voller Logiklöcher und Redundanzen, unterdurchschnittlichen Effekten und einer zügellos chargierenden Besetzung, allen voran ein völlig entfesselter Dieter Laser. Grober Unfug, der aber nie langweilig wird, weil man sich ständig fragt, ob das Gesehene eigentlich ernst gemeint ist, und der sicher in den kommenden Jahren die Videoabende bekiffter Jugendlicher bereichern wird.




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