Ein virtueller Vergnügungspark mit Cartoons, Comics, altem Spielzeug, Genrefilmen und Texten über pixelige Videospiele, und über Verrückte.

14. Festival des deutschen psychotronischen Films

Zum 14. Mal finden sich diesen Monat in Bochum die Freunde des übersehenen und vergessenen deutschen Films zum jährlichen Hochamt der Psychotronik zusammen – dem Festival des deutschen psychotronischen Films. Wieder haben wir einige unbeachtete, nichtsdestowenigertrotz aber erstaunliche Gewächse vom cineastischen Wegesrand gepflückt und gebunden zu einem Blumenstrauß aus Qualität und Irrsinn, Kunst und Quatsch, Geschmack und schlechtem Geschmack. Das Programm liest sich in diesem Jahr wie folgt:

Donnerstag, 25. 10.2012

18.00 Uhr: Feuer an der Ruhr

1957, auf dem Zenit der Wirtschaftswunderzeit entstand eine bis heute wohl einmalige Selbstdarstellung des Ruhrgebiets. Getragen von überschäumendem Optimismus, lange bevor die Kohlekrise auch nur in Sicht geriet, zeigt der Film – ein Mix aus dokumentarischen Aufnahmen und Spielhandlung – den Pott von einem Freitag bis zum folgenden Montag, was uns erlaubt, die Altvorderen am Ende der Arbeitswoche, bei der Erholung von der Maloche, und schließlich Montag früh zu beobachten, wenn dann wieder in die Hände gespuckt wird. Ein faszinierendes Stück filmischer Archäologie und Soziologie.

Zur Einführung spricht Paul Hofmann von der Kinemathek des Ruhrgebiets.

20.00 Uhr: Transfer

In der nahen Zukunft ist es möglich, das menschliche Bewusstsein von einem Körper auf den anderen zu übertragen, wobei die Persönlichkeit des Wirtes medikamentös unterdrückt wird und nur vier Stunden am Tag aktiv ist. Regisseur und Autor Damir Lukacevic erzählt die Geschichte eines alten und eines jungen Paares, welche sich handlungseinig werden, das Ergebnis jedoch sehr schnell bereuen.

22.00 Uhr: Die Klosterschülerinnen

 Mit diesem Film lieferte der Report-Veteran Schröder (Schülerreport, diverse Hausfrauenreporte) ein Werk ab, das die Bahnhofskino-Gemeinde eigentlich durch massig nackte junge Maiden, Sexspiele hinter Klostermauern und eine deailierte Illustration der „Verführungsbereitschaft von katholischen Internatsschülerinnen“ (film-dienst) hätte begeistern müssen. Doch inszenierte der Sexspezialist seinen Streifen in einem für das Zielpublikum viel zu „künstlerisch-künstlichen“ Stil, und beschwor eine ziemlich düstere Atmosphäre herauf, die den Film deutlich aus dem Einerlei der 70s-Sexwelle heraushebt, und die Regenmantelträger damals in Scharen die Flucht ergreifen ließ.

„Ein bisschen wie ein Wodka-Rausch nach einem LSD-Trip. Auch gut, aber anders!“ – Cinema Bizarre

Freitag, 26.10.2012

17.30 Uhr: Der Blaue Engel

Zuckmayers Bearbeitung der Vorlage Heinrich Manns, die beispielhafte Inszenierung von Sternbergs und das eindringliche Spiel Jannings und der Dietrich – hier gehen alle Elemente eine chemisch stabile Verbindung ein, die bis heute ihresgleichen sucht. Bonus: die Mitarbeit der Weintraubs Syncopators, die den Blauen Engel zum ersten deutschen Jazzfilm macht.

19.45 Uhr: Sneak Preview

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Wenn wir einen Film nicht namentlich ankündigen können (wie das halt so ist bei Sneak Previews), ihn aber trotzdem auf den attraktivsten Termin des Festivals packen, sollte sich jeder denken können, dass uns etwas Besonderes ins Haus steht. Zwei oder drei Jahren lang hatten wir versucht, diese geballte Portion filmischen Irrsins an Land zu ziehen, jetzt ist das Werk endlich vollendet und wird noch Monate vor seinem Kinostart bei uns eine Sondervorstellung erleben. Freut euch auf die volle Packung Außerirdische, neue Medien und das Ende der Welt!

22.15 Uhr: Wilder Reiter GmbH

Bei einem Besuch im turbulenten Sixties-München wird das kleine Rädchen einer piefigen bayerischen Provinzzeitung durch Zufall zum Publicity-Manager eines unkonventionellen amerikanischen Popstars. Dieser kann zwar nicht Singen, beherrscht aber wie kein Zweiter die Klaviatur von Hype und Medienrummel. Zuerst begeistert von neuem Job, Leben und Freundeskreis realisiert unser Held langsam aber sicher, dass es sich bei dem „Star“ anscheinend um einen Psychopathen handelt. Respektlose Satire, aggressive Komödie, wüstes Drama – die Kritik konnte mit Spiekers einzigartigem Film nur wenig anfangen – Das Festival des deutschen psychotronischen Films dagegen umso mehr – quasi DIE Definition von psychotronischem Kino, endlich wieder im Kino!




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