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Fantasy Filmfest 2012: A Chinese Ghost Story 2011 / 倩女幽魂

Ein junger Mann gerät in einem alten Tempel an einen weiblichen Geist. Die beiden verlieben sich ineinander, müssen sich aber auseinandersetzen mit einem mächtigen Dämon und einem Geisterjäger, der in seiner Jugend ebenfalls in den Geist verliebt war.

Erstens mal sind Remakes zwar nichts an sich Verdammenswertes, haben aber, dank zahlreicher überflüssiger Neuaufgüsse, die momentan die Kinos überschwemmen, einen miesen Ruf. Darüber hinaus ist es eine blöde Idee, sich ausgerechnet an ein Remake von A Chinese Ghost Story zu wagen, ein 25 Jahre altes Hongkong-Actionmärchen, das sowohl den Kritikern als auch dem einschlägig interessierten Publikum als unschlagbarer Klassiker gilt. Drittens ist das Original einer meiner absoluten Lieblingsfilme, eine Kopie kann mir also fast unmöglich gefallen. Das sind (insbesondere für mich) miese Voraussetzungen für einen gelungenen Kino-Abend.

Tatsächlich macht der Film es einem anfangs leicht, erst einmal skeptisch zu bleiben. Die Eröffnungssequenz soll die (seinerzeit unerwähnt gebliebene) Vorgeschichte des Geisterjägers erzählen, wirkt aber wie eine hektische und verwirrende Zusammenfassung eines Prequels, das es (noch?) nicht gibt und lässt einen zittern – bitte, bitte, bitte versaut es jetzt nicht! Dann aber gibt sich A Chinese Ghost Story 2011 alle Mühe, Anknüpfpunkte an das Original und dessen zwei Fortsetzungen zu liefern: der alte Soundtrack erklingt, und auch optisch wird der Vorlage mit Fischaugen-Objektiven, fliegendem Laub und entfesselten Kamerafahrten reichlich Tribut gezollt. Sogar der Humor des Klassikers schimmert durch.

Ein grundsätzliches Wohlwollen stellt sich also ein, aber wirklich warm werde ich mit den Figuren trotzdem nicht. Shaoqun Yu und Yiefei Liu sind keine schlechten Mimen, aber sie kommen nicht an den Charme und die Chemie heran, die damals Leslie Cheung und Joey Wang versprühten. Der Film mag deswegen in emotionaler Hinsicht etwas kürzer treten, als man sich das wünschen würde, das aber macht er mehr als wett durch die einfallsreichen, mitreißend inszenierten Actionszenen (Regisseur Wilson Yip war auch für die bombastischen Ip-Man-Filme verantwortlich) – man vergesse nicht, dass sich die Trilogie nicht nur durch Herz-Schmerz-Schmalz auszeichnet, sondern auch durch übergeschnappte, überbordende Phantasie, die dem Geschehen einen surrealen Touch gibt, und in der Hinsicht kann A Chinese Ghost Story 2011 souverän mithalten.

Was dieses Remake dann aber endgültig in den grünen Bereich wuchtet: es ist kein Remake. Ja, es gibt ganze Szenen, die sich nicht nur an denen der Vorlage anlehnen, sondern geradezu an ihnen kleben, im Großen und Ganzen aber arbeitet sich A Chinese Ghost Story 2011 alles andere als sklavisch an A Chinese Ghost Story ab (wobei die interessanteste Veränderung die neu eingeführte Dreiecksgeschichte mit dem Geisterjäger ist). Es ist eine weitgehend andere Interpretation der gleichen (Ghost) Story, die selben Zutaten, aber anders zubereitet. A Chinese Ghost Story 2011 ist eigenständiger als A Chinese Ghost Story 3, der damals im Grunde genommen den ersten Teil noch einmal erzählte und sehr viel eher als Remake durchginge. Nicht alles an der neuen Handlung ist so wirklich nachvollziehbar, aber wir reden von einer Filmreihe, in der bereits gegen lebendig gewordene Tempel gekämpft wurde und Leute auf Schwertern durch den Himmel gesurft sind. Da bin ich durchaus bereit, Zugeständnisse zu machen. Und wenn A Chinese Ghost Story 2011 mich, einen tollwütigen Fan des Originals zufriedenstellt, dann sollte das auch bei jedem anderen Menschen in diesem Universum funktionieren. Der Film ist niemals ein zeitgemäßer Ersatz für die Vorlage (und will das zum Glück auch nicht sein), aber ein sehr ordentlicher vierter Teil der Reihe. The Good.




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