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Fantasy Filmfest 2011 – Tag 7

Cold Prey 3 – The Beginning Cat Run Wasted on the Young Kill List Chillerama

Cold Prey 3: The Beginning / Fritt vilt III

Im Jahr 1988 fahren ein paar junge Leute ins norwegische Hinterland, um eine Nacht in einem Hotel mit düsterer Vorgeschichte zu verbringen. Das machen sie dann aber nicht, sondern campen lieber im Freien, baden eine Runde nackt im Fjord und tun so dieses und jenes. Dann geraten sie an einen stummen, waldschratigen Kerl, der sie nacheinander abmurkst.

Ich bin mit viel Vorschuss-Sympathie an den dritten Teil herangegangen, weil der vor zwei Jahren auf dem Fantasy Filmfest gelaufene zweite ein astreiner Slasher mit gelungener Spannungsinszenierung war. Der dritte oder vielmehr erste Teil (denn es handelt sich um ein Prequel) kann dabei leider nicht mithalten. Dass er kein Slasher mehr ist, sondern Hinterwäldlerhorror der üblichen Bauart – damit könnte man leben. Cold Prey 3 aber braucht eine Stunde, bis er mal aus dem Quark kommt. Er vertrödelt Zeit mit Figuren, die einen nicht interessieren, hat einen viel zu niedrigen Bodycount, als dass er damit meine Interessenslücken auffüllen könnte, seine blutigen Szenen sind dann auch noch völlig unambitioniert, seine Schreckmomente nicht erwähnenswert, und wie die Geschichte zwangsläufig ausgehen muss, damit der Film als Prequel funktioniert, weiß man sowieso, wenn man einen der beiden anderen Teile gesehen hat.

Auch aus dem gerade für einen Horrorfilm reizvollen 80er-Setting macht der Film nichts. Wie auch? Er spielt ja draußen in der Wildnis. Mehr als ein paar musikalische Aufnäher auf der Jeansjacke und ein Walkman ist da nicht drin. Nein, das war nichts. Leider. The Bad.

Cat Run

Zwei amerikanische Freunde laufen sich durch Zufall in Montenegro über den Weg und beschließen, eine Privatdetektei zu gründen. Sie geraten an eine Prostituierte, die auf der Flucht vor dem organisierten Verbrechen ist, das sich hier manifestiert in der Person einer älteren britischen Dame mit guten Manieren und prall gefülltem Folterwerkzeugkasten – der Auftakt zu einem an James-Bond gemahnenden Trip quer durch Europa.

Wie schreibt man eine faire Besprechung zu einer Komödie, die den eigenen Humor so derart meilenweit verfehlt? Klar, Cat Run ist flott inszeniert und hat eine grandiose Antagonistin (die ich mir als Killerin in einem Slasherfilm wünschen würde, wo sie sicher besser zur Geltung käme). Ein guter Film ist das aber nicht. Cat Run drückt sich um eine wirkliche Geschichte, indem er quer durch seine 102 Minuten immer neue Figuren aus dem Hut zaubert, was die ganze Angelegenheit ziemlich beliebig macht. Er verwechselt platte Albernheiten mit Humor und blutigen Sadismus mit Spannung. Er nervt mit einem geschwätzigen Cast, der Angst zu haben scheint, mal für einen Moment das Plappern einzustellen, weil man als Zuschauer dann eher merken würde, wie öde das alles eigentlich ist.

Wie schon angedeutet: während ich mit versteinerter Mine da saß und nur hoffte, es würde bald vorbei sein, lachten Leute um mich herum durchaus. Zum Beispiel über folgende Szene: unsere Helden wurden in die Enge getrieben, in einem Hotel, in dem gerade eine Magier-Convention stattfindet. Also textet einer der beiden Chaoten schnell einem der Zauberer, dass in ihrem Hotelzimmer Siegfried gerade einen neuen Roy suchen würde. Alle glauben das, stürmen das Zimmer und geben den Helden Gelegenheit zu entkommen. Spitzenwitz, oder? Wer das jetzt gut fand, soll sich Cat Run bloß ansehen und mich in Ruhe lassen. The Bad.

Wasted on the Young

Darren und Zack sind Stiefbrüder an einer Schule für die Reichen und Schönen. Bei einer Party in ihrem Haus wird Xandrie, die lose mit Darren angebandelt hat (atemberaubend unschuldig: Adelaide Clemens), von Zacks Gang in den Keller verfrachtet und mittels chemischer Substanzen ausgeknipst. Den Rest kann man sich denken.

…und damit wären wir beim größten Problem von Wasted on the Young: die Geschichte ist nie das große Geheimnis, das der Film suggerieren möchte. Man hat viel zu schnell raus, worauf die Mär um die zugekoksten, muskelflexenden Asis (Zacks Freunde) und den herumgeschubsten Computernerd (Darren) hinauslaufen soll. Da interessiert es dann auch nicht mehr, dass man sich den Kunstgriff erlaubt hat, konsequent auf die Darstellung von Erwachsenen zu verzichten (wenn man mal von den mal wieder teils über 30jährigen absieht, die die Teenager spielen), Wasted on the Young braucht nun einmal trotzdem ewig, um auf den Punkt zu kommen. Dann aber, als man denkt, man sei schon im Showdown, überrascht er mit einer unerwarteten Wendung und hängt einen Schluss an, der in einem besseren Film ein echter Höhepunkt wäre, hier aber nicht ausreichend vorbereitet wirkt und den Film nur so gerade eben noch ins Mittelfeld hievt – mal ganz davon abgesehen, dass er diesen Schluss mit der letzten Einstellung wieder an die Wand fährt. The Durchschnitt.

Kill List

Ein Auftragskiller mit Geldsorgen bekommt die Gelegenheit, zusammen mit einem Kollegen aus alten Tagen drei weitere Morde zu begehen, um seine Kasse wieder aufzufüllen.

Kill List ist kein Genremix, sondern eine bizarre Genre-Aneinanderreihung: der Film beginnt als gut gespieltes, konzentriertes Sozialdrama, wird dann zu einem blutigen Auftragskillerfilm und endet völlig unerklärlicherweise als Okkulthorror. Dabei zieht sich die Geschichte wie Kaugummi, und wenn dann irgendwann Zwischentitel die Personen auf der titelgebenden Todesliste ankündigen und man ahnt, dass die einzelnen Kandidaten jetzt mit bürokratischem Gehorsam nacheinander abgearbeitet werden, dann betet man nur noch, irgendein gnädiger Dämon möge die Filmkopie jetzt sofort in reinigenden Flammen aufgehen lassen. Dann verpasste man aber das ausgesucht schwachsinnige Finale, dass auf einmal mit einem aus dem Nichts auftauchenden heidnischen Kult (?) daherkommt. Ohne zu viel spoilern zu wollen: ja, da gab es schon vorher ein eingeritztes Symbol, einen mit Blut unterschriebenen Vertrag und ein paar sich seltsam benehmende Leute, aber das alles sind nur behauptete Zusammenhänge, Bröckchen, die eine vage thematische Verwandtschaft aufweisen, und nichts, bei dem man sich hinterher an den Kopf patscht und sich fragt, warum man nicht gleich drauf gekommen ist.

Es ist keine Leistung, einfach irgendeinen Schluss an einen Film zu kleben, der mit dem zuvor Gesehenen nichts, absolut gar nichts zu tun hat, der nicht wirklich vorbereitet wurde, der auf einfach keiner Ebene irgendeinen Sinn ergibt. Man kann so was nicht verteidigen mit einem dümmlichen „Jahaaa, der Film will eben nichts erklären!“ Ich muss am Ende eines Films nicht auf alle Fragen eine Antwort bekommen, aber ein paar grundlegende Motivationen, echte Zusammenhänge, ein bisschen Logik, irgendwas – das wäre schon sehr nett gewesen. The Bad.

Chillerama

Ein Drive-In-Kino soll geschlossen werden. Für die letzte Show holt der Chef des Ladens deswegen ein paar besonders rare Filmkopien aus dem Giftschrank. Zu sehen gibt es mutiertes Sperma, ein schwules Surfermusical mit bärigen Männern, sexsüchtige Zombies sowie ein Segment mit dem abgründigen Titel „Das Tagebuch der Anne Frankenstein“.

 Wie alle Von-Fans-für-Fans-Filme wirft auch Chillerama mit einschlägigen Zitaten um sich. Hier aber sind sie nicht selbstzweckhaftes Herumgenerde, sondern integriert in einen liebe- und respektvollen Abgesang auf das Exploitationkino. Und Exploitation ist Chillerama: vier Regisseure kurbelten ihren Part für diesen Episodenfilm nach alter Billigfilm-Tradition in jeweils rund einer Woche herunter, für ein absolutes Null-Budget – alle Beteiligten haben gratis gearbeitet und Kulissen und Equipment dürften aus der Portokasse finanziert worden sein. Das merkt man auch, tut dem Spaß, den die ganze Angelegenheit macht, aber keinen Abbruch. Alle vier der stilistisch sehr unterschiedlichen Segmente sind auf ihre Art großartig, und trotz zwei Stunden Länge gibt es nichts, was auch nur im Ansatz langweilig wäre. Besondere Erwähnung verdient nichtsdestotrotz die erwähnte „Anne Frankenstein“-Episode, die auf Deutsch gedreht wurde und nur so strotzt vor groteskem Humor und Z-Movie-Charme. The Good.

(Einen Trailer gibt es bislang noch nicht.)



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2 Kommentare

1) Peroy

29. August 2011, 12:36

War’s das ? Dürftiges Programm dieses Jahr, scheint mir noch schwächer zu sein als das vom letzten…

2) John

2. September 2011, 15:24

Ich stimme Dir bei Kill List insofern nicht zu, als dass ich den Film an sich schon sehr gut fand, nur eben das Ende mir (nach wie vor) Probleme bereitet – es erschließt sich wirklich kein deutlicher Zusammenhang zwischen der ausgeführten Idee im Film und den Charakteren oder ihren vorher definierten Zielen.

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