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Besonders Wertlos – 16. Festival des deutschen psychotronischen Films

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Acht Jahre lang, von 2005 bis 2012, war ich Ko-Veranstalter von Besonders Wertlos – Festival des deutschen psychotronischen Films, einer Veranstaltung, die sich zum Ziel gesetzt hat, der Welt deutsches Kino jenseits von Beziehungskomödien und staatstragendem Nazi-und-Stasi-Unfug zu präsentieren. Dort laufen dann zum Beispiel Genrefilme, nahezu unbekannte oder vergessene Arthouse-Werke, von Nachwuchsfilmern produzierte No-Budget-Wunder und hin und wieder ein bisschen Trash. Wer möchte, kann sich ja mal die Filmauswahl der vergangenen Jahre in meinem kleinen Festival-Archiv reinziehen.

Mittlerweile lebe ich in einer anderen Stadt, und auch das Festival ist umgezogen, aber mein damaliger Mitstreiter und Festivalgründer Kai Krick hält die bonbonbunte Fackel der Psychotronik weiter hoch. Ich lege deswegen jedem einzelnen Leser nahe, ab morgen, 02. April bis einschließlich Sonntag, 06. April im Filmhaus Köln aufzuschlagen und sich ein Best-Of deutsch produzierter Filmkuriositäten von einst und jetzt anzugucken.

Das Programm ist dieses Jahr so exquisit wie selten; mit ein paar Klassikern, die wir vor zig Jahren schon mal in Bochum gezeigt haben, einigen nagelneuen Angelegenheiten und einigen Exponaten, die wir damals irgendwie nie als Filmkopie in die Hände bekommen haben.

Ich kann ja mal meine persönlichen Highlights auflisten:

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Viele kamen vorbei (Donnerstag, 19 Uhr) ist die Geschichte eines Mädchenmörders am Rande einer Autobahn, erzählt aus drei Perspektiven: der des Opfers, des Täters und des ermittelnden Kommissars. Weitgehend in Vergessenheit geraten, aber eigentlich ein echter Klassiker der 50er Jahre.

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Die Kinski-Collage (Donnerstag, 21 Uhr) von (und live präsentiert von) Kai Jordens ist ein spektakulärer Zusammenschnitt der besten Momente des großen Klaus Kinski. Kai Jordens ist auch bekannt als Kinski-Kai und in dieser Rolle einer der bestsortiertesten Sammler von allem, was mit dem vielleicht größten aller deutschen Schauspieler zu tun hat. Außerdem kann er großartig erzählen (und falls noch Zeit ist, sollte man ihn dringend auf sein Leben in Japan als professioneller Hofnarr ansprechen. Kein Witz!).

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Reise ins Jenseits – Die Welt des Übernatürlichen (Freitag, 18 Uhr) ist eine, na, sagen wir mal: Dokumentation eines der besten Genre-Regisseure der deutschen Filmgeschichte. Rolf Olsen schenkte dem Publikum solche Knaller wie Blutiger Freitag (vielleicht der souveränste deutschsprachige Actionfilm, den ich je gesehen habe), wurde aber in späteren Jahren ein wenig wunderlich und wandte sich dem Okkultismus zu, über den er diese eigentlich todernst gedachte Doku drehte. Das Ergebnis ist ein ziemlicher Irrsinn und auf einem Level mit dem etwas bekannteren und etwa zeitgleich entstandenen Erich-von-Däniken-Vehikel Erinnerungen an die Zukunft.

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Wenzel Storch – Die Filme (Freitag, 20 Uhr). Der von mir hochgeschätzte Ausnahmefilmemacher Wenzel Storch präsentiert sein neues Buch, flankiert von einem spielfilmlangen Making-Of zu seinen Filmen. Wer Wenzel mal auf der Bühne erlebt hat, weiß, dass der Mann sehr unwahrscheinliche und nichtsdetotrotz absolut wahre Geschichten zu erzählen hat, die er gradezu unangemessen stoisch vorträgt. Wilde Unterhaltung mit zahlreichen Ausrissen aus alten Zeitschriften, die zum gepflegten Fremdschämen einladen.

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Ernst Live Explosion (Samstag, 19 Uhr). Christian Keßler, seit Anbeginn der Zeit das Aushängeschild von Institutionen wie dem seligen Filmmagazin Splatting Image und dem Filmclub Buio Omega, präsentiert seinen Debütroman Aalglatt über Leichen, eingebettet in einen kontextualisierenden Multimediavortrag über das Genre des Kriminalfilms. Das klingt eventuell akademisch, aber wer Christian kennt, der weiß, dass er sich sowieso an kein Manuskript hält, sondern in einer Tour und sehr kurzweilig über alles redet, was ihm grade zum Thema (und überhaupt) einfällt.

Attack of the Incredible Blood-Sucking Radio-Active Garbage Monster from the Deep Part 2 (Samstag, 21 Uhr) ist nur der schönste Titel einer ganzen Reihe von Kurzfilmen von Matthias Dinter, der sein Frühwerk live präsentieren wird. Matthias machte später Karriere mit Filmen wie Feuer, Eis & Dosenbier und Die Nacht der Lebenden Loser, aber sein Mitte der 80er entstandenen Super8-Filme sind um einiges drastischer und witziger als seine vergleichsweise zahmen Mainstream-Komödien. Sein absolutes Opus Magnum ist Skin Trade, ein Film über einen Typen, der nach einer hart durchfeierten Nacht mit Tattoos am ganzen Körper aufwacht und sich auf die Suche nach über hundert Hautspendern machen muss.

So, ich stelle grade fest, dass ich drauf und dran bin, das ganze Programm zum Highlight zu erklären, und das ist es vermutlich auch. Hört also nicht auf mich, geht hin und guckt euch einfach alles an. Es lohnt sich.



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