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Fantasy Filmfest 2012: Crawl

Ein ältlicher Kroate im Cowboy-Look knallt einen Tankwart ab, im Auftrag eines schmierigen Barbesitzers. Dieser belohnt seinen Handlanger mit Geld und einem Beutelchen Koks. Als der Cowboy dieses auf der Weiterfahrt konsumieren will, überfährt er versehentlich einen Jüngling, der einer Autopanne wegen am Straßenrand steht. Aus Gründen, die sich mir nicht ganz erschließen, begibt sich der Cowboy anschließend zum in Sichtweite befindlichen Haus des Unfallopfers, in dem dessen Freundin wartet.

Ich geb’s zu: obwohl gerade ich es eigentlich besser wissen müsste, habe ich mich von dem oben zu sehenden, ziemlich lässigen Trailer locken lassen. Und da ich mich eine Stunde später nicht über die vergeudeten neun Euro Eintritt geärgert habe, sondern einfach nur froh war, das Kino eine Viertelstunde vor Schluss verlassen zu haben, muss ich den Trailer-Cutter umso mehr loben, denn dieser kleine Clip vermittelt eine Atmosphäre, die Crawl nicht eine Sekunde lang hat. Immerhin ist der Trailer so ehrlich, keine Geschichte zu behaupten, denn die erzählt der Film tatsächlich nicht. Ja, da passieren so nach und nach verschiedene Dinge, aber die entwickeln sich planlos, zufällig und zusammenhanglos, und nicht aufeinander aufbauend, so wie ich das von einer dramatischen Struktur erwarten würde. Zwischendurch gibt es zum Beispiel eine Szene, in der der Barbesitzer eine bei ihm verschuldete Thekenkraft auf allen Vieren zu sich kriechen lässt und ihr dann den nackten Arsch verhaut. Relevanz für die Handlung hat das exakt gar keine, aber zumindest, das war wohl die Idee, hat man ein bisschen nackte Haut im Film und eine Rechtfertigung für den Titel.

Aber vielleicht war der auch anders gemeint: Crawl kriecht. Er ist so langsam, dass man eigentlich jederzeit damit rechnet, dass gleich das Bild einfriert und der Film dann rückwärts läuft. Das ist aber nicht, wie der Trailer suggeriert, cool, sondern, nun ja, langsam halt. Das, was der Film in den sechzig Minuten erzählt, die ich gesehen habe, würde ein minimal begabter Filmemacher auch in zwanzig schaffen. Regie- und Drehbuch-Neuling Paul China aber lässt immer wieder durchblitzen, dass es ihm dafür an Talent mangelt. Sein Film verstolpert sich ständig mit idiotischen Spannungs-Standards wie der Frage, ob vielleicht jemand im Haus ist und hinter einer Tür lauert – zwei Mal. Mit der selben Tür. Auch aus seinen Schauspielern holt er nichts raus. Die stehen meistens nur rum und stieren angestrengt geradeaus. Längere Dialoge gibt es fast keine, aber für die wären die beteiligten Knalltüten sowieso zu lethargisch. Ich gehe davon aus, dass der Darsteller des kroatischen Cowboys noch während des Drehs verstorben ist und sie dann mit seiner ausgestopften Leiche weitergearbeitet haben.

Ich frage mich mich manchmal, wie solche Filme wohl zustande kommen, und in diesem Fall vermute ich, dass es da einfach diese drei Handlungsorte gab – die Tanke, die Bar, das Haus – und genug Kohle für ein paar Drehtage vorhanden war, und dann hat man halt einfach mal geguckt, ob man 75 Minuten zusammenbekommt. Oder, auch das möchte ich nicht ausschließen, der Regisseur stand auf die oben erwähnte Bardame, und Crawl war ein Vorwand, um sie mal untenrum nackt zu sehen. Das würde immerhin nicht nur diese eine Szene erklären, sondern gleich den ganzen Film.

Rausgegangen bin ich übrigens, als der Barbesitzer in einen Schokoladenkuchen latscht, der ein paar Szenen vorher auf einer Türschwelle abgestellt wurde. Minutenlang ist klar, was da für ein Spitzenwitz über uns hinwegrollen wird, und dann kommt er auch irgendwann. So isser, der Crawl. The Bad.




Ein Kommentar

1) DMJ

2. September 2012, 18:00

Der Film heisst „Crawl“, weil da irgendwann mal irgendwer aus irgendwelchen Gründen kurz über den Boden kriecht? – Das ist awesome und daneben und ich will den Film ab sofort sehen, obwohl ich mich langweilen werde.

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