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Fantasy Filmfest 2012: The Hidden Face / La cara oculta

(Hinweis: der Trailer spoilert gnadenlos den einzigen Twist des Films. Ansehen auf eigene Gefahr.)

Adrián ist von seiner Freundin Belén verlassen worden. Der Dirigent der Philharmonie von Bogotá fackelt nicht lange, betrinkt sich am ersten Abend als Single, am zweiten schleppt er direkt eine neue Frau ab – die alsbald den Verdacht hegt, dass Adrián seine Ex um die Ecke gebracht hat.

Kolumbien ist nicht unbedingt als Kinoland berühmt, aber offenbar hat man dort Geld und zumindest in einigen Bereichen Talent: The Hidden Face gibt sich optisch keiner Blöße und präsentiert jede Menge schöne, reiche Menschen in schicken Häusern. Das wirkt alles sehr gediegen und erwachsen, aber unterm Strich doch nur, als hätten die Macher einen seriösen Grund gesucht, um eine inflationäre Anzahl von Duschszenen mit der Hauptdarstellerin zu filmen. Davon abgesehen ist der Film langweilig. Dreißig Minuten lang erzählt er schleppend eine wenig interessante Liebesgeschichte und will suggerieren, dass Adrián in Wahrheit hinter Beléns Verschwinden steckt. Es fehlt aber an finsteren Andeutungen, an ambivalenten Situationen, an einem Motiv, das Adrián in den Augen des Publikums zu einem potentiellen Täter machen würde, quasi an allem, was einen guten Thriller ausmacht. Die paar seltsamen Geräusche im Badezimmer lassen einen nicht gerade aus dem Kinosessel springen – und mehr als die kommen echt nicht.

Nach dreißig elendig kriechenden Minuten macht der Film einen Schnitt, springt in der Zeit zurück und erzählt die Hintergründe dessen, was wir vorher schon gesehen haben. Die dahinter stehende Idee ist nicht mal schlecht und macht The Hidden Face plötzlich zu einem etwas arg konstruierten, aber in einzelnen Szenen durchaus effektiven Drama-Thriller-Mischmasch. Das ändert aber nichts daran, dass man dadurch gezwungen ist, die erste halbe Stunde noch einmal zu sehen, und auch wenn die Perspektive nun eine andere ist, ist das alles beim zweiten Sehen nicht weniger langweilig als beim ersten Mal – eher im Gegenteil. Dass der weitere Verlauf der Handlung dann auch noch selbst für Genre-Anfänger ziemlich vorhersehbar ist, versetzt The Hidden Face den Todesstoß. Er ist beileibe kein offensiv schlechter Film, hätte aber als Kurzfilm besser funktioniert, und bei einem solchen hätte ich eine Stunde Lebenszeit weniger opfern müssen – und das gehört zu den größten Verbrechen, die man einem Kinogänger antun kann. The Bad.




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