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Fantasy Filmfest 2011 – Tag 9

The Dead Hesher The Veteran The Woman Attack the Block


The Dead

Nachdem Afrika von lebenden Toten übernommen wurde, versucht ein Amerikaner das Land zu verlassen und tut sich mit einem Einheimischen zusammen, der auf der Suche nach seinem Sohn ist.

So erfreulich es auch ist, anstatt kreischender Hochleistungssportler-Zombies mal wieder langsam schlurfende Untote zu sehen: The Dead ist sterbenslangweilige C-Ware, die sich beinahe völlig um Dialoge drückt, die deprimierend gradlinig und überraschungsfrei abgespult wird, und die rein gar nichts macht aus den zahlreichen Möglichkeiten des Settings für einen politischen oder global-gesellschaftlichen Subtext. Stattdessen wird ein ökologischer Grund für die Seuche behauptet: „Nature is restoring its delicate balance“ heißt es mittendrin. Das wird aber weder vorher aufgebaut, noch später noch einmal aufgegriffen.

Wie naiv der Film ist, lässt sich an folgendem Plothole ablesen: Wenn die Gegend, in der der Film spielt, so dünn besiedelt ist, dass unsere Protagonisten meilenweit fahren können, ohne auf einen Hauch von Zivilisation zu treffen – wo kommen dann die Zombies her, die jedes Mal sofort auftauchen, wenn die beiden aus dem Wagen steigen?

Interessant ist The Dead nur für Leute, die einfach mal sehen wollen, wie ein Weißer dutzendweise schwarze Zombies abknallt, aber das kann kaum im Sinne der Macher gewesen sein. The Bad.


Hesher

T.J., ein Junge, der vor kurzem seine Mutter bei einem Autounfall verloren hat, freundet sich mit dem Mittzwanziger Hesher (Joseph Gordon-Levitt) an, mit dessen Hilfe er sein Trauma überwindet. Hesher hat allerdings keine Lebensweisheiten zu bieten, die er einem bewundernd zu ihm aufblickenden T.J. lächelnd unterbreiten würde, während optimistische Streicherklänge die Tonspur zukleben. Hesher ist nichts, hat nichts und kann nichts. Das sind keine Defizite, sondern das, was ihn auszeichnet, er ist ein nihilistischer Anarcho und wird zum Ventil für T.J.s unausgesprochene Wut über seine Unfähigkeit, sich in der Schule zu behaupten, seine Verliebtheit in eine Supermarktkassiererin (Natalie Portman) und seine Hilflosigkeit im Umgang mit seinem trauernden Vater (Rainn Wilson).

Hesher – die Figur – ist ein fleischgewordener Anflug von Adoleszenz, T.J.s beginnende Pubertät in Form eines furzenden Chaoten mit einem Faible für Sachbeschädigung, ein rettender Ausbruch aus der Tragödie um die tote Mutter. Er ist ein Symbol, keinesfalls aber eine von T.J. imaginierte Märchengestalt. Hesher – der Film – steht und fällt mit dieser Titelfigur. Immer wenn Hesher auftaucht, gibt der Film Gas, und was dann passiert, ist Punk: schnell, witzig, anarchisch, rebellisch, unvorhersehbar. Die Passagen ohne ihn sind deswegen nicht schlecht, aber so schwerfällig wie die traumatisierte Familie T.J.s. Ohne Hesher wäre Hesher ein ziemlich unspektakuläres Coming-of-age-Drama, und weil er durchaus nicht immer im Bild ist, merkt man das auch. The Durchschnitt.


The Veteran

Ein britischer Afghanistan-Veteran, der seine Zeit im Krieg nicht hinter sich lassen kann, kehrt in seine verelendete Londoner Hochhaussiedlung zurück und lässt sich dort von dubiosen Geheimdienstlern anheuern, um eine Terrorzelle auszuheben. Mit militärischer Präzision spürt er den Verdächtigen nach und findet heraus, dass einige der Verdächtigen eventuell Doppel- oder sogar Triple-Agenten sind.

The Veteran ist ein paranoider Thriller, der das Drama eines Soldaten nutzt, um eine Verwandtschaft und gegenseitige Abhängigkeit von Staatsmacht und Terrorismus aufzuzeigen. Es ist auch die Geschichte eines Anti-Helden, der sich noch im Krieg wähnt, und für den angesichts eines wenig vertrauenerweckenden Staats Selbstjustiz als einziges Mittel und die Kriminalität in seinem Wohnblock das einzige greifbare Ziel bleibt.

Das klingt besser, als es ist. The Veteran gelingt es nicht, die Paranoia auf den Zuschauer zu übertragen, dafür taucht er nicht tief genug in die Psyche seines Protagonisten ein. Er gibt dem Zuschauer kaum Möglichkeit zur Identifikation, weil er zwar behauptet, reale Bezüge zu haben, aber der Mikrokosmos, in der der Film spielt, nichts mit der Welt zu tun hat, in der sich die meisten von uns bewegen (das möchte ich jedenfalls hoffen). Vor allem aber packt er einen nicht, weil er wie ein Actionfilm aufgezogen ist, anstelle von Action aber doch immer wieder nur Dialoge bietet. Der Trailer führt in dieser Hinsicht in die Irre.

Immerhin präsentiert The Veteran eine finale Schießerei, die an den immer wieder gern zitierten Death Wish 3 gemahnt (die aber aufgrund des ambivaltenten Helden nicht wie ein reaktionäres Massaker wirkt). Besser unterhalten ist man nichtsdestotrotz, wenn man sich zum x-ten Mal das Bronson-Gemetzel gibt und sich anschließend durch den Youtube-Kanal irgendeines Verschwörungstheoretikers klickt. The Bad.

The Woman

Eine in der Wildnis lebende Frau wird von einem Familienvater eingefangen und in einen Keller gesperrt, um sie zu „zivilisieren“ – oder vielmehr, zu unterwerfen. Seine Frau und seine beiden Töchter fügen sich dem Patriarchen, sein Sohn eifert dem Vater bald nach.

The Woman ist eine Fortsetzung zu Lucky McKees Vorgängerfilm The Offspring, die die Kenntnis des ersten Teils aber nicht erfordert.

Entgegen des Trailers, der prolligen Partyspaß verspricht, ist The Woman ein intelligenter Horrorfilm, der die Funktionsweise patriarchaler Machtstrukturen genau beobachtet und seine Geschichte konsequent und mit derber Härte zuende führt. An Gender Studies Interessierte werden mit Gesprächsstoff für viele Stunden versorgt. The Good.


Attack the Block

Eine kriminelle Jugendbande wird Zeuge einer Invasion außerirdischer Monster, macht sich zum Gefecht bereit und verschanzt sich in einem großen Wohnblock.

Rundum gelungene Science-Fiction-Action mit viel Humor, einem simplen, aber unglaublich effektiven Kreaturen-Design und großartigen Teenager-Schauspielern. Attack the Block atmet den Geist vergleichbarer Filme der 80er Jahre, zeigt anders als diese aber keine Wohlstands-Kids mit Luxusproblemen, sondern Jugendliche am unteren Ende der Gesellschaft.

Regisseur Joe Cornish sagte im anschließenden Filmgespräch, dass er es für einen Fehler halte, Kinder wie die im Film dargestellten zu dämonisieren, und tatsächlich schlägt sich Attack the Block bedingungslos auf deren Seite und schafft große Sympathien für die kleinen Verbrecher. Trotz der zahllosen Lacher, Schreckmomente und rasanten Actionszenen: das ist seine  größte Leistung. The Good.




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