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Fantasy Filmfest 2011 – Tag 2

Hair of the Beast Phase 7 Julia X Stake Land Little Deaths

Hair of the Beast / Le poil de la bête

Im Neufrankreich des Jahres 1665 nimmt ein Strauchdieb auf der Flucht vor dem Galgen die Identität eines Jesuiten an, dessen Dienste gefordert werden, als die Gegend, in der er sich versteckt, von einem Werwolf heimgesucht wird.

Atmosphärische Fantasy-Geschichte, die dahingehend angenehm mehrdeutig ist, dass sich der Werwolf hier als soziale Metapher genauso lesen lässt wie als sexuelle oder christlich-moralische. Auch verzichtet Hair of the Beast auf oberflächliche Effekthascherei, im letzten Akt aber zeigt sich, wieso: die (immerhin nur wenigen) CGI-Werwolfeffekte beeindrucken nicht, und vielleicht muss der Zuschauer deswegen auch auf ein befriedigendes Finale verzichten. Davon abgesehen aber macht der Film alles richtig und liefert sympathische Nebenfiguren, an den richtigen Stellen etwas Comic Relief und einen Helden, mit dem man gerne mitfiebert. The Good.


Phase 7 / Fase 7

Eine offenbar durch einen Terroranschlag verursachte Virusinfektion breitet sich über den amerikanischen Kontinent aus. In Argentinien werden die Bewohner eines Mietshauses unter Quarantäne gestellt. Ohne rational erkennbaren Grund werden die verschiedenen Parteien gegeneinander gewalttätig und machen aufeinander Jagd.

Gähnend langweiliger, zielloser Endzeitfilm ohne Budget, ohne nachvollziehbare Figuren oder Gespür für Raum, Dramaturgie oder Atmosphäre. Etwa nach halber Laufzeit gerät Phase 7 zum Versuch einer grotesken Komödie mit behauptetem politischen Hintergrund (eine Rede George W. Bushs wird mehrfach prominent eingefügt). Der Kollateralschaden dieser schwarzhumorigen Witzigkeiten ist der letzte Rest Spannung.

Die zahlreichen Filmzitate sprechen dabei dafür, dass die Macher Filmfans sind, die einfach alles in ihr amateurhaft anmutendes Werk gestopft haben, was sie irgendwie gut fanden, ohne Rücksicht darauf, ob sich die Teile zu einem schlüssigen Ganzen zusammenfügen. The Bad.


Julia X

Julia trifft sich mit einem Mann (der gealterte TV-Herkules Kevin Sorbo) zu einem online verabredeten Date. Als sie gehen will, ist der namenlose Charmebolzen damit nicht einverstanden – ist Julia doch das auserkorene nächste Opfer seiner schon 23 Tote umfassenden Mordserie.

Während der Film in den ersten dreißig Minuten eine ermüdende und letztendlich beliebige Aneinanderreihung von Hetzjagden an Drehorten ist, die offensichtlich kostengünstig zur Verfügung standen, findet Julia X nach einer nicht vorhersehbaren Wendung mehr und mehr zu sich selbst und gerät zu einer kruden Mischung aus Folterporno und Geschlechterkomödie. Anspruchsvoll ist das nicht, aber absurd blutig und alles andere als langweilig. Dass Sorbo merklich Spaß an seiner Rolle als dauergenervter Serienmörder und Carpenters-Fan hat, ist auch kein Nachteil.

Die 3D-Technik ist beinahe makellos und gut in die Konzeption der Bilder eingeordnet, bietet aber unterm Strich keinen nennenswerten Mehrwert. The Good.

(Ein Trailer war bislang nicht aufzutreiben)

Stake Land

In naher Zukunft ist die Welt von Vampiren überrannt worden. Der frischgebackene Waise Martin wird von einem wortkargen Vampirjäger unter die Fittiche genommen, der schlicht „Mister“ genannt wird. Aus dem Süden der im Chaos versunkenen USA versuchen sie sich ins sichere Kanada durchzuschlagen. Nachts sind die Gegner der Reisenden die Blutsauger, tagsüber eine Bande irrer Christen.

Roadmovie, das die Geschichte der Mannwerdung der Teenager-Hauptfigur erzählt, aber in Episoden zerfällt, die keine aufeinander aufbauende Dramaturgie haben. Das sorgt beispielsweise dafür, dass der Film nach dem eigentlich logischen Finale noch gut zwanzig Minuten weiterläuft, ohne dass es noch etwas zu erzählen gäbe. Auch haben sämtliche Nebenfiguren keinen Anteil an der Entwicklung der Hauptfigur und bleiben somit blasses Kanonenfutter. Was den Film über die Zeit rettet, ist die detailreich gestaltete postapokalyptische Welt. The Durchschnitt.

Little Deaths

Vieles im Horrorfilm kann verstanden werden als Sublimierung sexueller Themen, die gesellschaftlichen Repressionen unterworfen sind und deswegen nicht offen im Kino verhandelt werden können. Little Deaths greift diesen dem Genre seit jeher inhärenten Themenkomplex auf und erzählt in drei Episoden Geschichten mit explizit sexuellem Hintergrund, allerdings nicht als Körper-Utopie, wie es im Porno der Fall wäre, sondern letztendlich doch zahm im Rahmen des im Horrorkino Zeigbaren.

Die erste Episode ist nicht mehr als die Erwachsenenversion eines banalen Gespenster-Geschichten-Comics, die dritte eine vorhersehbare und dröge Erzählung ohne phantastische Elemente über Machtstrukturen in einer Paarbeziehung. Die zweite allerdings ist wildes Exploitationkino wie man es schon lange nicht mehr auf großer Leinwand erleben durfte, mit Nazi-Experimenten, Drogen, Prostitution, Mutanten, organisiertem Organraub und Riesenpimmeln. Das ist schäbig, das ist spekulativ. Ob man dafür aber die beiden anderen Episoden in Kauf nimmt, muss jeder selbst entscheiden.

Das Postermotiv taucht übrigens im Film nicht auf, immerhin auch das eine schöne Reminiszenz an die Gepflogenheiten des Bahnhofkinos. The Durchschnitt.




3 Kommentare

1) Peroy

18. August 2011, 20:54

Der Verriss von „Phase 7“ (nicht die dritte Fortsetzung zu „Phase IV“, nehme ich an) freut mich sehr, das Lobgehudel zu „Julia X“ schlucke ich nach dem „The Loved Ones“-Debakel hingegen mit drei, vier Pfund Salz…

2) DMJ

19. August 2011, 21:28

Hm, wem glaubt man jetzt eher…dem Wortvogel oder dem Sonderländer? Bzw. – wem glaubt man noch weniger? 😛

3) Peroy

19. August 2011, 21:56

Glaub‘ mir !

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